Es ist ein trügerischer Wunsch, dass überall Weihnachten sei. Allein die Christenheit ist es, die die Weihnachtsfeiertage zelebriert. Auch hierzulande schließen sich nicht alle den christlichen Gepflogenheiten an, so wie Christen nicht selbstverständlich das Zuckerfest feiern. Gleichwohl feiern nicht wenige Menschen Weihnachten, die sich herzlich wenig der christlichen Religion verbunden fühlen. Warum auch nicht? Es gibt ja auch Fans von Bayern München, die weder Bayern noch Münchener und vielleicht nicht einmal annähernd in Bayern gewesen waren.
Es gibt zudem viele Menschen, die das Weihnachtsfest gerne feiern würden, aber es nicht können. All das wissen wir oder ahnen es zumindest. Aber das hält uns nicht davon ab, es für einen Moment zu vergessen. Schließlich ist nur einmal im Jahr Weihnachten. Abgesehen davon, wünschen wir allen Frohe Weihnachten. Also auch denen, die keinen Grund oder keine Möglichkeit zum feiern haben. Beim Ausspruch „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ liegt die Betonung auf „deinen Nächsten“ und eben nicht auf die Anderen, die Fremden, geschweige denn auf deine Feinde.
Nein, ich will hier nicht die moralische Keule rausholen. Es geht mir vielmehr um ein Prinzip, das für nahezu alle traditionellen Feste gilt: die Stärkung der inneren Gemeinschaft. Am Weihnachtsfest, das sich im 19. Jahrhundert als bürgerliches Familienfest formierte, sollten und wollten nun auch all jene Menschen feiern, die in sozialer wie ökonomischer Hinsicht nur davon träumen konnten. Das „Fest der Liebe und des Friedens“, das gut und gerne auch im Krieg zelebriert werden konnte, ist vor allem ein Friedens- und Liebesgebot der eigenen Gemeinschaft.
Bräuche und Mythen gelten vorwiegend der Stärkung der inneren Verbundenheit und der Abkapselung nach außen. Mythen, die dazu beitragen, Außenstehenden Türen zu öffnen und die gesamte Menschheit als Gemeinschaft anzusehen, gibt es noch nicht. Aber es wird Zeit, allen Menschen friedliche Tage für jetzt und für die Zukunft zu wünschen. Vielleicht können wir selbst auch ein wenig zum friedlichen Miteinander beitragen. Bisweilen auch in der eigenen Familie.
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