Ich sehe mich täglich im Spiegel. Ist es deshalb trivial? Liegt es allein an mir, zu sagen, dass mein Gesicht wie immer aussieht? Erschöpft, müde, älter, jünger, frischer oder einfach anders als zuvor? Wird mein Gesicht zu etwas Besonderem, wenn ich es porträtiere? Nein. Es sei denn, ich gehöre zu denen, die sich bereits einen Namen gemacht haben. Aber selbst dann bleibt ein Porträt vordergründig eine Abbildung eines Gesichts in einer gewöhnlichen Alltagssituation.
Ich habe schon einige Selbstporträts gemalt. Gleichwohl gehöre ich nicht zu den Künstlern, die das Selbstporträt zum Schwerpunkt ihres Schaffens gemacht haben. Ich habe lediglich einige wenige Porträts gemalt und denke, dass das Alltägliche und scheinbar Triviale für mich als Künstler etwas Besonderes ist. Denn ich betrachte mich selbst, meinen Alltag und den meiner Mitmenschen alles andere als trivial.
Alles das, was zwischen der eigenen Geburt und Tod stattfindet und Menschenleben genannt wird, ist Wert beachtet zu werden. Das gilt nicht allein für „sehr wichtige Personen“, sondern eben für alle Menschen. So wie ich heute das Gemälde von Bartolomé Esteban Murillo zweier Weintrauben und Melone essender Jungen nicht weniger beachtlich finde, wie das Bildnis des Papstes Innozenz X von Diego Velázquez. Dessen Hofnarren ich persönlich auch weitaus eindrucksvoller finde, als ein Porträt des Königs Philipp IV von Spanien.
Vincent van Goghs wendete sich wie sein Vorbild Jean-François Millet der bäuerlichen Arbeitswelt zu. Gewissermaßen sind die Bilder van Goghs als ein Lobgesang auf das alltägliche und mühsame Leben einfacher Menschen zu deuten, das er selbst, nicht zuletzt aus religiösen Gründen gegenüber einem bequemen bürgerlichen Leben den Vorzug gibt.
In der in den 1950er Jahre entstehenden Kunstrichtung der Pop Art wurde das Profane als vorherrschendes Motiv ausersehen. Es ist naheliegend das viele der Pop Art Künstler aus der Werbebranche kamen, da sie sich zwangsläufig mit der Alltagskultur und den einfachsten Bedürfnissen der Menschen beschäftigten. Damit rückten sie das Triviale des Alltags und damit auch das als unwichtig angesehene eigene Dasein in den Fokus.
Es ist etwas wahres daran, zu sagen, sich nicht zu wichtig zu nehmen. Das heißt aber keinesfalls, das eigene Leben als unwichtig zu erachten. Immerhin haben wir nur ein Leben und das sollten wir fürwahr wichtig nehmen.
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