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Zur Wahrheit des Daseins

Mensch- und Tierabbildungen
Die Entdeckung der Welt, Acryl auf Baumwolle, 50 cm x 40 cm, 2019

 Auch wenn die Wahrheitsinstanz etwas Anderes behauptet: ich bin kein ehemaliger Vielseitigkeitsreiter, habe auch keine zwei Medaillen bei der Olympiade 1952 gewonnen. Denn da war ich noch gar nicht auf der Welt. So viel ich weiß. Und nebenbei bemerkt, die Büsingstraße in Berlin-Friedenau hat auch nichts mit mir zu tun. Leider! Allerdings muss ich zugestehen, dass ich einige Zeit damit liebäugelte, als zeitgenössischer Künstler in die „Hall of Fame“ der Wikipedia-Wahrheitskommission aufgenommen zu werden. Inzwischen bin ich sogar etwas froh darüber. Denn ich kann nicht sicher sein, ob die Wahrnehmung meiner selbst den Kriterien der Wahrheitswächter*innen entspricht. Vielleicht müsste ich auch etwas tiefer in die Tasche greifen, um die Wahrheit meines Daseins gegenüber anderen Quellen behaupten zu können. Anerkannte Fakten heutzutage sind nämlich nicht umsonst.

 

Es ist ohnehin erstaunlich, wenn wider besseren Wissens und gegenteiliger Erfahrungen immer noch von sozialen Netzwerken die Rede ist. Denn letztendlich entscheiden Geld und bezahlte Werbung darüber, wie gut Du im Netz präsent bist. Aber damit nicht genug. Wenn Du Dich weigerst, einen Obolus für Eigenwerbung zu entrichten, wird es schwer, Deine Beiträge im Netzwerk weiterhin zu teilen. Bestimmte Funktionen, die Du zuvor noch nutzen konntest, verschwinden plötzlich. Mehr und mehr kommen Hindernisse hinzu, die Dir viel Zeit und Energie abverlangen, um Dich irgendwie noch bemerkbar zu machen. Das alles zu ignorieren führt wiederholt dazu, von der „Community“ blockiert zu werden.

 

 

Aufgrund der Aufklärung konnte der absoluten Wahrheit der Kirche eine Grenze gesetzt werden. Es waren noch hoffnungsvolle Zeiten, als die als Häretiker*innen verleumdeten Aufklärer*innen der Inquisition ein vorläufiges Ende bereiten konnten. Angesichts der Medienhoheit einiger weniger Hofberichterstatterinnen, die ihren Segen bei Wikipedia oder Twitter abholen und den Kreuzzug gegen weltweite Verschwörungen aufzudecken vorgeben, hat die Freude über den Siegeszug der Aufklärung ein (hoffentlich vorläufiges) Ende gefunden.  

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Kommentare: 2
  • #1

    Rita Pyriki (Dienstag, 16 Februar 2021 19:56)

    Ja,was ist schon Wahrheit?Eine philosophische Frage? Letztendlich hat doch jeder eine eigene Wahrheit.Wahrheit und Wahrnehmung(für Künstler unabdingbar)liegen dicht beieinander und wie gesagt , für jeden einzelnen eine andere .

  • #2

    Willi Büsing (Mittwoch, 17 Februar 2021 13:46)

    Das sehe ich genauso. Aber eben diese Einsicht wird von Medien und einem Wissens- und Wahrheitsmonopol wie Wikipedia zunehmend infrage gestellt. Die wenigen investigativen Journalist*innen, die es noch gibt, laufen dagegen Gefahr für "ihre Wahrheit" viele Jahre ins Gefängnis zu gehen. Julian Assange, dessen "Verbrechen" es war, Kriegsverbrechen öffentlich zu machen, sitzt dafür seit 10 Jahren im Gefängnis.