Meine Vorliebe für figurative Malerei mag einerseits darauf beruhen, damit etwas sichtbar machen zu können, andererseits darauf, etwas besser verbergen zu können. Ein großer Meister des Verbergens war sicherlich Edward Hopper. Viele seiner Bilder sprechen verborgene Wünsche und Ängste an, die, und das ist der Vorteil für den Betrachter, sein Geheimnis bleiben können.
Anders als Hopper hatte ich es mir Gewohnheit gemacht, für Bilder, für die ich lediglich einige Ideen besaß, diese auf den Malgrund aufzuschreiben und diese sukzessive zu übermalen. Im Glauben, dass die verschriftlichten Ideen bildhaft werden, konnten diese dann auch trotz Übermalung nicht mehr getilgt werden. Gewissermaßen brachten die aufgetragenen Malschichten das Wesen meiner Ideen zutage.
Ähnlich ist es mit dem menschlichen Gedächtnis. Denn bekanntlich ist das Erinnern immer auch mit dem Vergessen verbunden. Das Vergessen schafft Platz für die Erinnerung. Neulich erinnerte ich eine Quelle einer meiner Aussagen, die mir im Internet den Unmut eines Wissenschaftlers oder vielmehr eines Menschen einbrachte, der glaubt(e) einer zu sein. Da behauptete ich im Kontext von „Ask und Embla“, das ich einst zusammen mit meiner Künstlerkollegin und Ehefrau gemalt hatte, das in der deutschen bzw. nordischen Mythologie, Schlangen nicht nur das Böse symbolisierten, sondern auch als Schutzgeister verehrt worden waren. Da die „deutsche Mythologie“ von Nazis gerne missbraucht wurde und wird, gerät man beim Aufgreifen mythologischer Stoffe schnell in den Verdacht, ins Fahrwasser von Naziideologien geraten zu sein. Andererseits zeigen mir einige Entwicklungen innerhalb des Wissenschaftsbetriebs der Frühhistoriker, dass überkommenes Denken, welches u.a. die Überlegenheit des männlichen Geschlechts und der weißen Rasse zu belegen trachtete, wieder Zustimmung erhält.
Wie auch immer. Da ich seinerzeit meine Behauptung nicht mit Quellen belegen konnte, musste ich mir seine Zuschreibungen gefallen lasen, zur Kategorie unwissenschaftlicher Scharlatane zu gehören. Inzwischen kann ich diese Zuschreibung nicht mehr nur zurückweisen, sondern auch belegen, dass seine Zurechtweisung falsch war. Jedoch will ich damit weniger über einen Menschen urteilen, der glaubt(e) Menschen verurteilen zu können, die Überlegungen und Thesen jenseits seines Wissenshorizonts formulieren, als vielmehr etwas aufzeigen, was unseren Horizont erweitert.
Nun aber zurück zu meiner Behauptung und der dazugehörigen Quelle, die ich der 1898 publizierten „Deutschen Mythologie“ von Paul Herrmann entnehme. Dort heißt es im Kapitel über „Die Seele in Tiergestalt“:
„Man darf eine Schlange nicht töten, das bringt Unglück und kann das Leben kosten. Der Zisterzienser-Prior CÄSARIUS VON HEISTERBACH (13. Jahrhundert) weiß, dass die Schlange als Schutzgeist mit dem Kinde zur Welt kommt und dass das Leben des Neugeborenen an das ihre geknüpft ist. Im Spreewalde sagt man: jedes Haus hat zwei Schlangen, eine männliche und eine weibliche, aber sie lassen sich nicht eher sehen, als bis der Hausvater oder die Hausmutter stirbt, dann teilen sie ihr Los.“
Wenngleich ich gerne auch Themen meiner Malerei mit Wissenschaftlern diskutiere, hinterfrage ich gerne auch Wahrheiten, die als unumstößlich gelten, aber am Ende nichts weiter als eine Frage des Glaubens sind. Das gilt auch für den Glauben, dass hierzulande die Schlange nur als Sinnbild des Bösen verstanden und einzig die Midgardschlange als Inbegriff des Bösen überliefert worden sei. Mögen auch die Andersgläubigen an bösen Schlangen und sündigen Früchten festhalten, bevorzuge ich eine andere Botschaft, die wir in unserem Bild „Ask und Embla“ festhielten.
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