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Amerika

Erster Kontakt einander fremder Menschen und Kulturen
First Contact, Acryl auf Baumwolle, 100 cm x 80 cm, 2010

„Amerika“ ist ein Wort, das einige Fragen offen lässt. Anders gesagt: Ich weiß nie so recht, was mit dem Wort gemeint ist. Bezieht es sich auf den Doppelkontinent, den nördlichen, mittleren oder südlichen Teil oder auf die Vereinigten Saaten. Diejenigen, die sich als „Amerikaner“ bezeichnen entpuppen sich in der Regel als Bürger der Vereinigten Staaten. Wohingegen sich Kanadier als Kanadier, Mexikaner als Mexikaner, Brasilianer und Peruaner als Brasilianer und Peruaner zu erkennen geben. „Amerika“ und „Amerikaner“ ist also irreführend. Es sei denn, wir erklärten einmütig, dass Amerika sich einzig und allein auf die USA beziehe. Was hätte dies aber für all die Menschen zur Folge, die auf dem Doppelkontinent außerhalb der USA Zuhause sind? Hörten sie damit auf, Amerikaner zu sein? Oder würden sie damit automatisch mit den USA assoziiert und die leidigen Grenzmauern zerstört?

 

Genau betrachtet ist auch die Rede von den Ureinwohnern Amerikas missverständlich und im Grunde genommen falsch. Denn Amerika war quasi vor der „Entdeckung“ gar nicht existent. Insofern gibt es Amerika dem Namen nach seit dem 16. Jahrhundert, also erst nach der Besiedlung durch die Europäer und dank des Namensgebers Amerigo Vespuci, der fälschlicherweise als Entdecker des Doppelkontinents bezeichnet wurde. Zumindest war er der Erste, der erkannte, dass es sich um einen eigenen Kontinent handelte. Amerika bezeichnete also zunächst das „Land des Americus“ (lateinisch für Amerigo). Aber wie konnte ein Doppelkontinent in den Besitz eines einzelnen Mannes gelangen? Und wer beerbte den italienischen Seefahrer nach seinem Tod im Jahre 1512?

 

Auf diese Fragen gibt es keine befriedigende Antworten.

 

Nicht weniger problematisch ist die Bezeichnung „Lateinamerika“. Denn es ist ein Irrtum zu glauben, südlich der USA würden ausschließlich lateinische Sprachen gesprochen. Nach der Definition werden die überwiegend spanischsprachigen und portugiesischsprachigen Länder Amerikas als Lateinamerika betrachtet. Hinzu kommen die französischsprachigen Länder Haiti und Französisch-Guayana. Etwa 900 indigene Sprachen von über 400 verschiedener ethnischer Gruppen und Völker fallen nach dieser Definition unter den (europäischen) Tisch.

 

„I like to be in Amerika“ (Ich bin gerne in Amerika) schrieb Stephen Sondheim in der „West Side Story“ und bezog sich dabei offenbar auf die USA. Wer das nicht weiß, könnte mit Recht fragen „Where exactly?“ (Wo genau?). Mit einer solchen Frage würde ich auch rechnen, wenn ich sage, dass ich gerne in Europa lebe. Für „Amerikaner“ scheint dies nicht zu gelten. Warum eigentlich? Ich bin ratlos?

 

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