Woher wir kommen und wohin wir gehen. Utopie ist überall und in jeder Richtung. Also auch in zeitlicher Hinsicht. Utopien in Mythologien, Geschichte und Zukunft. Meine Malerei handelt davon, wie auch in „Jabals Kinder – die in Zelten wohnen“. Jabal ist der biblische Urahn der Nomaden, die fernab der Zivilisation in unwegsamen Bergen und Wüsten leben. Zugleich treiben sie ihre Herden bis tief in die Städte hinein und durchqueren umzäunte Ländereien, die auf Konflikte, wie die von Kain und Abel verweisen: Jabal ist der biblische Nachfahre Kains.
Der wiederholt ausgerufene und praktizierte Exodus, der Auszug in die Wüste, kann als Flucht, aber auch als Alternative eines Lebens jenseits einer Ordnung verstanden werden, die auf Unterdrückung und Barbarei beruht. Die Bibel ist voll davon. Und Jabals Kinder leben bis heute in Zelten. Sie kamen nicht auf die Idee, sich der Städte zu bemächtigen, um dort zu leben und zu herrschen. Das ist eine schlichte Botschaft, die mir nicht weniger wertvoll erscheint.
So wie Jabals Kinder leben die Rarámuri, jene, die schnell laufen, immer noch in unwegsamen Bergregionen im Norden Mexikos. Bis heute sind sie die einzige indianische Volksgruppe, die seit der Eroberung Mexikos durch die Spanier nicht vollkommen unterworfen werden konnte. Gleichwohl sind sie heute umso mehr von den „integrativen Maßnahmen“ der mexikanischen Regierung und den Machenschaften der Drogenkartelle bedroht.
Aber wie einige wenige andere Völker der Erde, die ihre Kultur trotz unserer „überlegenen Kultur“ bewahren konnten, zeigen sie eine Alternative zu unserer Lebensweise auf: ein utopisches Leben. Sie leben in egalitären Gemeinschaften, wo Männer und Frauen gleich sind und teilen nicht alleine als eine Möglichkeit, sondern als eine Pflicht angesehen wird. Wirtschaftlich verbinden sie Sammeln, Jagen, Ackerbau und Viehzucht miteinander.
Durch die ständige Bedrohung durch legale und illegale Händler und Drogenhändlern sind die Rückzugsgebiete zunehmend kleiner geworden, was sich letztlich auch negativ auf die Ökonomie und lebensbedrohlich auf die Rarámuri-Gemeinschaften auswirkt. Die Verantwortung für die Zerstörung ihrer Kultur liegt nicht zuletzt bei uns selbst und unseren steigenden „Bedürfnissen“ nach Konsum. So gesehen sind wir selbst immer Teil der Sklaverei und Teil einer Utopie, der wir wie so oft zu wenig Vertrauen schenken.
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